Bundesrat erleichtert Wohnungsbau durch Anpassung des Ortsbildschutzes

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 26. September 2025 beschlossen, den Wohnungsbau in der Schweiz zu fördern, indem er den Ortsbildschutz in gewissen Punkten anpasst. Damit reagiert er auf den steigenden Wohnraumbedarf und die Herausforderungen der Energiewende. (admin.ch)

Hintergrund: Was ist ISOS und warum ist dieser Schritt relevant?

Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) definiert Richtlinien für den Erhalt historisch bedeutsamer Ortsbilder von nationaler Bedeutung.
Gemeinden und Kantone müssen ISOS-Vorgaben in ihrer Raumplanung berücksichtigen – oftmals führt das zu komplexeren und langsameren Bewilligungsverfahren.

In den letzten Jahren wurde kritisiert, dass das ISOS teilweise als «Verhinderungsinstrument» fungiere – etwa wenn es um Neubauten, Solaranlagen oder Anpassungen in Ortsbildern geht.

Mit dem neuen Entscheid will der Bundesrat eine bessere Balance finden zwischen dem Schutz historischer Ortsbilder und den Anforderungen der heutigen Zeit.

Die geplanten Massnahmen im Überblick

Der Bundesrat hat die zuständigen Departemente beauftragt, konkrete Massnahmen zu erarbeiten. Im Rahmen eines Runden Tisches mit Bund, Kantonen, Gemeinden, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft wurden erste Ansätze diskutiert.

Wesentliche Punkte sind:

  • Vereinfachung der Verfahren: Die Zahl der ISOS-Verfahren, die eine qualitativ hochstehende Interessenabwägung erfordern, soll reduziert werden.
  • Mehr Ermessensspielraum für Gemeinden und Kantone: Die Kriterien für Erhaltungsziele sollen weniger strikt und interpretierbarer formuliert werden.
  • Entbürokratisierung bei Neubauten und Solaranlagen: Für Neubauten soll eine ISOS-Direktanwendung nicht mehr zwangsläufig notwendig sein; zudem wollen Bund und Kantone die Installation von Solaranlagen innerhalb schützenswerter Ortsbilder erleichtern.
  • Frühzeitige interdisziplinäre Zusammenarbeit: Bereits in frühen Planungsphasen soll der Austausch zwischen den beteiligten Akteuren (z. B. Fachstellen, Denkmalpflege, Planer) gestärkt werden.

Gemäss aktuellen Informationen sollen die ersten prioritären Massnahmen bereits im Herbst 2026 in Kraft treten. Weitere Begleitmassnahmen auf kantonaler und kommunaler Ebene folgen später.

Chancen und Risiken – Stimmen aus Politik, Planung und Denkmalschutz

Chancen

  • Beschleunigter Wohnungsbau: Besonders in urbanen Regionen mit grossem Druck auf den Wohnungsmarkt verspricht die Reform eine spürbare Erleichterung bei Planungs- und Bewilligungsverfahren.
  • Förderung der Energiewende: Die Erleichterung beim Bau von Solaranlagen ist ein klares Signal zur Stärkung nachhaltiger Energieinfrastruktur.
  • Mehr Planungssicherheit: Gemeinden und Bauherren erhalten klarere Spielräume und weniger Hürden, wodurch Unsicherheit in frühen Projektphasen vermindert wird.

Risiken

  • Verwässerung des Ortsbildschutzes: Kritiker befürchten, dass die neuen Regelungen zu Lasten des denkmalpflegerischen Anspruchs gehen könnten.
  • Uneinheitliche Umsetzung kantons- und gemeindeweise: Wenn die Ermessensspielräume zu breit formuliert sind, könnte es zu inkonsistenten Auslegungen kommen.
  • Konflikte zwischen Geschwindigkeit und Qualität: Es besteht die Gefahr, dass ästhetische und städtebauliche Aspekte zu wenig Beachtung finden, wenn der Druck steigt, schnell zu bauen.

Ausblick: Wie geht es weiter?

Der Bundesrat hat die Departemente beauftragt, konkrete Massnahmen umzusetzen. In den kommenden Monaten wird erwartet, dass Richtlinien, Anwendungsregeln und praxisorientierte Hilfsmittel erarbeitet werden, um die praktische Umsetzung zu erleichtern.

Es bleibt abzuwarten, wie stark und ausgewogen die Reform tatsächlich wirksam wird – insbesondere, wie gut der Schutz historischer Ortsbilder mit der Notwendigkeit von mehr Wohnraum und Energieeffizienz in Einklang gebracht werden kann.

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