Das Ende des Eigenmietwerts? Vor- und Nachteile der umstrittenen Steuerreform

Der Eigenmietwert ist seit Jahrzehnten ein politisches Dauerthema in der Schweiz. Das Prinzip: Eigentümer, die ihre Immobilie selbst bewohnen, müssen einen fiktiven Mietertrag als Einkommen versteuern. Im Gegenzug können sie Schuldzinsen und Unterhaltskosten abziehen. Dieses System wird von vielen als ungerecht und veraltet empfunden und steht nun erneut zur Diskussion. Die geplante Abschaffung würde das Steuersystem grundlegend verändern. Doch wer profitiert wirklich davon und wer nicht? Wir beleuchten die wichtigsten Vor- und Nachteile.
Pro Abschaffung: Mehr Fairness und weniger Schulden
Die Befürworter der Abschaffung, darunter bürgerliche Parteien wie die FDP und die SVP sowie der Hauseigentümerverband (HEV), argumentieren mit mehreren zentralen Punkten:
- Abschaffung einer Scheinsteuer: Die Besteuerung eines fiktiven Einkommens gilt als unlogisch und unfair. Es handelt sich um ein Einkommen, das nie realisiert wird. Wer keine Miete einnimmt, sollte auch keine Miete versteuern müssen.
- Geringere Verschuldung: Das aktuelle System belohnt das Behalten hoher Hypothekarschulden, da die Zinsen steuerlich absetzbar sind. Die Abschaffung des Eigenmietwerts und der gleichzeitige Wegfall des Schuldzinsabzugs würden einen Anreiz schaffen, die Hypothek zu amortisieren und die private Verschuldung zu senken. Das stärkt die finanzielle Stabilität.
- Entlastung für Rentner: Insbesondere für Rentner, die ihre Hypothek oft schon abbezahlt haben, ist der Eigenmietwert eine grosse Belastung. Da sie nur noch geringe oder gar keine Schuldzinsen abziehen können, zahlen sie auf ihren Eigenmietwert hohe Steuern. Eine Abschaffung würde ihre Steuerlast spürbar reduzieren.
Kontra Abschaffung: Ungleichheit und Steuerausfälle
Gegner der Reform, wie der Schweizerische Mieterverband, die SP und die Grünen, sehen in der Abschaffung erhebliche Nachteile:
- Steuerliche Ungleichheit: Die grössten Profiteure wären gemäss Gegnern Immobilienbesitzer mit niedrigen Hypotheken. Mieter hingegen können ihre Mietkosten nicht von den Steuern abziehen. Die Besteuerung des Eigenmietwerts dient dazu, eine gewisse Gleichbehandlung zwischen Mietern und Eigentümern herzustellen. Ohne ihn wären Eigentümer klar im Vorteil.
- Gefahr für den Wohnungsmarkt: Die Reform könnte Wohneigentum noch attraktiver machen und die Nachfrage weiter anheizen. Dies könnte die Immobilienpreise in die Höhe treiben. Zudem würde der Anreiz fehlen, in zu grossen Wohnungen zu wohnen, da man keine steuerlichen Vorteile mehr durch Hypothekarzinsen hat.
- Wegfall von Abzügen und höhere Steuerausfälle: Ein zentraler Kompromiss der Reform ist der Wegfall der Abzüge für Unterhalts- und Energiesanierungskosten. Dies könnte dazu führen, dass weniger in den Werterhalt von Immobilien investiert wird. Zudem befürchten Kantone und Gemeinden erhebliche Steuerausfälle, die kompensiert werden müssten – möglicherweise durch Steuererhöhungen an anderer Stelle, was alle Steuerzahler treffen würde. Die Abschaffung der Abzüge könnte auch Anreize für Schwarzarbeit schaffen.
Ausblick: Ein langwieriger Prozess
Die Debatte um den Eigenmietwert zeigt, wie komplex das Schweizer Steuersystem ist und wie eng steuerliche Fragen mit sozialen Aspekten verbunden sind. Die geplanten Änderungen stossen auf breiten Widerstand. Ob die Abschaffung des Eigenmietwerts kommt, bleibt eine offene Frage, die in den nächsten Jahren wohl weiter für hitzige politische Diskussionen sorgen wird.